Neurobiologische Korrelate der Internetspielstörung: Ähnlichkeiten zum pathologischen Glücksspiel (2015)

Süchtigkeitsverhalten 2015. November 24. pii: S0306-4603(15)30055-1. doi: 10.1016/j.addbeh.2015.11.004.

Fauth-Bühler M1, Mann K2.

Abstrakt

Die Zahl der Massively Multiplayer Online Games (MMOs) nimmt weltweit zu und damit auch die Faszination, die sie auslösen. Probleme treten auf, wenn die Nutzung von MMOs zu Lasten anderer Lebensbereiche geht. Obwohl die Internet-Gaming-Störung (IGD) noch nicht offiziell als Störung in gängige Diagnosesysteme aufgenommen wurde, gilt sie in Abschnitt III des DSM-5 als „Bedingung für weitere Untersuchungen“. Ziel der aktuellen Übersicht ist es, einen Überblick über die derzeit verfügbaren kognitiven und neurobiologischen Daten zu IGD zu geben, mit besonderem Schwerpunkt auf Impulsivität, Zwanghaftigkeit und Sensibilität gegenüber Belohnung und Bestrafung. Darüber hinaus vergleichen wir diese Ergebnisse zu IGD auch mit Daten aus Studien zu pathologischem Glücksspiel (PG) – der bislang einzigen Erkrankung, die im DSM-5 offiziell als Verhaltenssucht eingestuft wird. In der Neurobiologie von IGD und PG wurden mehrere Ähnlichkeiten beobachtet, gemessen an Veränderungen der Gehirnfunktion und des Gehirnverhaltens. Sowohl Patienten mit IGD als auch solche mit PG zeigten eine verminderte Verlustempfindlichkeit; verbesserte Reaktionsfähigkeit auf Spiel- bzw. Glücksspiel-Hinweise; verstärktes impulsives Entscheidungsverhalten; abweichendes belohnungsbasiertes Lernen; und keine Veränderungen in der kognitiven Flexibilität. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Evidenzbasis zur Neurobiologie von Spielen und Glücksspielstörungen allmählich die Ähnlichkeiten zwischen beiden beleuchtet. Da sich jedoch nur wenige Studien mit den neurobiologischen Grundlagen von IGD befasst haben und einige dieser Studien unter erheblichen Einschränkungen leiden, sind weitere Untersuchungen erforderlich, bevor die Aufnahme von IGD als zweite Verhaltenssucht in die nächsten Versionen des ICD und des DSM gerechtfertigt werden kann.