Psychiatrische Komorbidität bei zwanghafter sexueller Verhaltensstörung (CSBD) (2020)

R.Ballester-ArnalaJ. Castro-CalvobC. Giménez-GarcíaaB. Gil-Juliáb MDGil-Llarioc

https://doi.org/10.1016/j.addbeh.2020.106384

Highlights

  • Eine zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung (CSBD) tritt häufig gleichzeitig mit anderen psychiatrischen Störungen der Achsen I und II auf.
  • Wir verglichen die psychiatrische Komorbidität der Achsen I und II in einer Stichprobe von 68 Personen mit und 315 Personen ohne CSBD.
  • 91.2 % der CSBD-Teilnehmer erfüllten die Kriterien für mindestens eine komorbide Achse-I-Störung (66 % bei Nicht-CSBD-Teilnehmern).
  • Bei CSBD-Teilnehmern war die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie an einer Substanzstörung, einer schweren depressiven Störung, einer Bulimia nervosa, einer Anpassungsstörung und einer Borderline-Persönlichkeitsstörung litten.
  • Die Ergebnisse unterstützen die Verwendung des Suchtparadigmas zur Erklärung von CSBD.

Abstrakt

Eine zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung (CSBD) ist durch ein anhaltendes Versagen bei der Kontrolle intensiver und wiederkehrender sexueller Impulse, Triebe und/oder Gedanken gekennzeichnet, was zu repetitivem Sexualverhalten führt, das zu einer deutlichen Beeinträchtigung wichtiger Funktionsbereiche führt. Aus klinischen Populationen gesammelte Daten legen nahe, dass CSBD häufig gleichzeitig mit anderen psychiatrischen Störungen der Achsen I und II auftritt; Bisher durchgeführte Studien weisen jedoch methodische Mängel auf, die die Bestimmung genauer psychiatrischer Komorbiditätsraten verhindern. Der Zweck dieser Studie bestand darin, die psychiatrische Komorbidität in einer Stichprobe von Personen mit und ohne CSBD zu untersuchen. Die Studienstichprobe umfasste 383 Teilnehmer, die durch Clusteranalysen in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: 315 Teilnehmer ohne CSBD (Nicht-CSBD) und 68 Teilnehmer, die als sexuell zwanghaft (CSBD) eingestuft wurden. Die Teilnehmer wurden mithilfe strukturierter klinischer Interviews für das DSM-IV (SCID-I und II) auf gleichzeitig auftretende klinische Zustände der Achsen I und II untersucht. Die Mehrheit der CSBD-Teilnehmer (91.2 %) erfüllte die Kriterien für mindestens eine Achse-I-Störung, verglichen mit 66 % bei Nicht-CSBD-Teilnehmern. CSBD-Teilnehmer berichteten häufiger über eine erhöhte Prävalenz von Alkoholabhängigkeit (16.2 %), Alkoholmissbrauch (44 %), schwerer depressiver Störung (39.7 %), Bulimia nervosa (5.9 %), Anpassungsstörungen (20.6 %) und anderen Substanzen – hauptsächlich Cannabis und Kokain – Missbrauch oder Abhängigkeit (22.1 %). Was Achse II betrifft, war die Prävalenz der Borderline-Persönlichkeitsstörung bei CSBD-Teilnehmern signifikant höher (5.9 %). Wie erwartet war die Prävalenz verschiedener psychiatrischer Erkrankungen bei sexuell zwanghaften Teilnehmern deutlich erhöht, was Komorbiditätsmuster mit wichtigen Auswirkungen auf die Konzeptualisierung, Beurteilung und Behandlung von Patienten mit CSBD aufzeigte.

Stichwörter Zwanghafte sexuelle Verhaltensstörung (CSBD), psychiatrische Komorbidität, Achse I und II, Clusteranalyse

AUSZÜGE:

Die Überschneidung zwischen CSBD und SUDs könnte erklären, warum konservative und oft kritisierte Therapieansätze, die ursprünglich zur Genesung von SUDs entwickelt wurden (d. h. der 12-Stufen-Ansatz), ihre Wirksamkeit bei der Anwendung auf CSBD zeigen (Efrati & Gola, 2018a, 2018b). Auf theoretischer Ebene unterstützen diese Ergebnisse die Konzeptualisierung von CSBD als Suchtstörung, die über andere konkurrierende Modelle hinausgeht (Potenza et al., 2017).