Suchtpotentiale von Social Media / Messenger-Plattformen und Freemium-Spielen vor dem Hintergrund psychologischer und ökonomischer Theorien (2019)

Int J Environ Res Öffentliche Gesundheit. 2019. Juli 23;16(14). pii: E2612. doi: 10.3390/ijerph16142612.

Montag C1, Lachmann2, Herrlich M3, Zweig K4.

Abstrakt

Derzeit nutzen weltweit etwa 2.71 Milliarden Menschen ein Smartphone. Obwohl die Smartphone-Technologie viele Fortschritte gebracht hat, diskutieren immer mehr Wissenschaftler über mögliche schädliche Auswirkungen einer übermäßigen Smartphone-Nutzung. Wichtig ist, dass der wahrscheinliche Übeltäter für das Verständnis der übermäßigen Nutzung nicht das Smartphone selbst ist, sondern die übermäßige Nutzung von auf Smartphones installierten Anwendungen. Da das aktuelle Geschäftsmodell vieler App-Entwickler den Austausch personenbezogener Daten für die Nutzung einer App vorsieht, ist es nicht verwunderlich, dass in Social-Media-Apps und Freemium-Spielen viele Designelemente zu finden sind, die die App-Nutzung verlängern. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, mehrere bekannte Smartphone-Apps zu analysieren, um solche Elemente herauszuarbeiten. Als Ergebnis der Analyse werden insgesamt sechs verschiedene Mechanismen hervorgehoben, um das vorherrschende Geschäftsmodell in der Smartphone-App-Entwicklung zu veranschaulichen. Zunächst werden diese App-Elemente beschrieben und zweitens mit klassischen psychologisch-ökonomischen Theorien wie dem Mere-Exposure-Effekt, Endowment-Effekt und Zeigarnik-Effekt, aber auch mit psychologischen Mechanismen verknüpft, die sozialen Vergleich auslösen. Man kommt zu dem Schluss, dass viele der hier vorgestellten App-Elemente auf Smartphones die Nutzungsdauer verlängern können, es ist jedoch sehr schwer, einen solchen Effekt auf der Ebene eines einzelnen Elements zu verstehen. Eine systematische Analyse würde Einblicke in App-Daten erfordern, die normalerweise nur den App-Designern, nicht aber unabhängigen Wissenschaftlern zur Verfügung stehen. Dennoch unterstützt die vorliegende Arbeit die Auffassung, dass es an der Zeit ist, das vorherrschende Geschäftsmodell „Benutzerdaten im Austausch gegen App-Nutzungserlaubnis“ kritisch zu reflektieren. Anstatt einen Dienst im Austausch gegen Daten zu nutzen, könnte es letztendlich besser sein, bestimmte Designelemente in Apps zu verbieten oder zu regulieren, um weniger süchtig machende Produkte zu entwickeln. Stattdessen könnten Nutzer eine angemessene Gebühr für einen App-Dienst zahlen.

KEYWORDS: Facebook; Internetsucht; Störung der Internetnutzung; WhatsApp; Smartphone-Sucht; Smartphone-Nutzungsstörung; Social-Media-/Messenger-Apps

PMID: 31340426

DOI: 10.3390 / ijerph16142612