Stimmungsinduziertes Verlangen nach Internetkommunikationsstörung unter Verwendung visueller und auditiver Hinweise in einem Cue-Reaktivitäts-Paradigma (2017)

Wegmann, Elisa, Benjamin Stodt und Matthias Brand.

Suchtforschung & Theorie (2017): 1-9.

http://dx.doi.org/10.1080/16066359.2017.1367385

Abstrakt

Unter Internet-Kommunikationsstörung (ICD) versteht man die übermäßige, unkontrollierte Nutzung von Online-Kommunikationsanwendungen wie sozialen Netzwerken, Instant-Messaging-Diensten oder Blogs. Trotz der anhaltenden Debatte über Klassifizierung und Phänomenologie leiden immer mehr Menschen unter negativen Folgen aufgrund der unkontrollierten Nutzung dieser Anwendungen. Darüber hinaus gibt es zunehmend Hinweise auf Ähnlichkeiten zwischen Verhaltensabhängigkeiten und sogar Substanzstörungen. Cue-Reaktivität und Verlangen gelten als Schlüsselkonzepte für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Suchtverhalten. Basierend auf der Annahme, dass bestimmte visuelle Symbole sowie akustische Klingeltöne mit Online-Kommunikationsanwendungen assoziiert sind, untersucht diese Studie die Wirkung visueller und akustischer Hinweise im Vergleich zu neutralen Hinweisen auf das subjektive Verlangen nach der Nutzung von Kommunikationsanwendungen bei suchtbezogenem Verhalten.

In einem 2×2-Zwischen-Subjekt-Design wurden 86 Teilnehmer mit Hinweisen auf eine von vier Bedingungen konfrontiert (visuelle Abhängigkeit, visuell neutral, auditive Abhängigkeit, auditive Neutralität). Es wurden Baseline- und Post-Craving-Messungen sowie Tendenzen zu ICD beurteilt. Die Ergebnisse zeigen verstärkte Verlangensreaktionen nach der Präsentation suchtbezogener Hinweise, während die Verlangensreaktionen nach neutralen Hinweisen abnehmen. Die Messungen des Verlangens korrelierten auch mit Tendenzen zu ICD. Die Ergebnisse unterstreichen, dass Reizreaktion und Verlangen relevante Mechanismen für die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines ICD sind.

Darüber hinaus zeigen sie Parallelen zu weiteren spezifischen Internetnutzungsstörungen, wie etwa der Internet-Gaming-Störung und sogar der Substanzgebrauchsstörung, sodass eine Einstufung als Verhaltenssucht in Betracht gezogen werden sollte.